Aus dem Verlag

Rowohlt History: Kurt Tucholsky

Kurt Tucholsky: Der Streitlustige
© Rowohlt Archiv

Er war ein Mann mit vielen Gesichtern und noch mehr Namen: Kurt Tucholsky. Als scharfzüngiger Gesellschaftskritiker, brillanter Satiriker, überzeugter Pazifist und feinsinniger Lyriker prägte er die Weimarer Republik wie kaum ein anderer. Mit spitzer Feder kämpfte er gegen politische Missstände, warnte unermüdlich vor dem aufziehenden Nationalsozialismus und legte sich furchtlos mit den Mächtigen an. Doch Tucholsky war auch ein Mann der Widersprüche: ein Meister der Polemik, der tief unter Depressionen litt, und ein kritischer Geist, der seinem Verleger Ernst Rowohlt trotz aller Sticheleien eine bemerkenswerte Treue hielt. Entdecken Sie das Leben eines Mannes, dessen Waffe das Wort war und dessen Warnungen erschreckend aktuell geblieben sind.

Ein Mann, viele Namen: Das Spiel mit den Pseudonymen

Um seine enorme Produktivität zu kanalisieren und unterschiedliche Facetten seiner Persönlichkeit auszudrücken, bediente sich Tucholsky einer ganzen Reihe von Pseudonymen. Als Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel, Kaspar Hauser, Kurt, iwro, Paulus Bünzly oder Von einem Berliner scheute er keine politische Konfrontation. Diese Alter Egos erlaubten es ihm, aus verschiedenen Perspektiven zu argumentieren und seine Texte in zahlreichen Publikationen zu platzieren, allen voran in der berühmten Wochenzeitschrift «Die Weltbühne», deren Leitung er 1926 für kurze Zeit übernahm. Dieses literarische Versteckspiel war jedoch mehr als nur eine Laune; es war eine Strategie, um der allgegenwärtigen Zensur und politischen Anfeindungen zu entgehen.

Eine streitbare Freundschaft: Tucholsky und sein Verleger Rowohlt

Die Beziehung zwischen Kurt Tucholsky und seinem Verleger Ernst Rowohlt war legendär und von gegenseitigem Respekt, aber auch von ständigen Reibereien geprägt. Tucholsky nahm kein Blatt vor den Mund und kritisierte auch den eigenen Verlag. Ein besonders dreister Streich gelang ihm, als er einen Verriss über den rechtsradikalen Rowohlt-Autor Arnolt Bronnen in seinem eigenen, bei Rowohlt verlegten Buch «Lerne lachen ohne zu weinen» schmuggelte. Rowohlt war zunächst außer sich, doch wie er später zugab, konnten beide herzlich darüber lachen.

Ein öffentliches Duell lieferten sie sich 1928 in der «Weltbühne» über die Frage «Ist das deutsche Buch zu teuer?». Tucholsky bejahte dies vehement und warf den Verlegern mangelnden Einsatz vor. Rowohlt konterte öffentlich, indem er die Kalkulation von Tucholskys eigenem Buch offenlegte und aufzeigte, wie gering die Margen für Autor und Verlag tatsächlich waren. Trotz dieser Auseinandersetzungen hielten beide aneinander fest – der Verlag an seinem «kampfeslustigen», aber stets zuverlässigen Autor, und der Autor an seinem Verleger, der ihm die nötige Freiheit ließ.

Die Flucht vor der Dunkelheit: Exil und tragisches Ende

Kurt Tucholsky war ein brillanter politischer Analytiker. Er erkannte die Gefahr, die von der erstarkenden Rechten in Politik, Militär und Justiz ausging, und warnte früh vor dem Nationalsozialismus. Als er die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Deutschland verlor, emigrierte er bereits 1929 nach Schweden. Von dort aus beobachtete er mit Verzweiflung, wie sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten.

1933 verboten die Nationalsozialisten «Die Weltbühne», erkannten ihm die deutsche Staatsbürgerschaft ab und seine Bücher landeten auf den Scheiterhaufen der Bücherverbrennungen. Dieser Verlust seiner Heimat und seiner publizistischen Stimme beraubte ihn seiner letzten Kraft. Geplagt von schweren Depressionen und einer chronischen Krankheit, verstummte der einstige Meister des Wortes. 1935 nahm sich Kurt Tucholsky mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Sein Werk aber bleibt ein unschätzbares Vermächtnis und ein Mahnmal für die Kraft der Literatur im Kampf für Demokratie und Menschlichkeit.

Timeline

  • 1890 in Berlin geboren
  • 1909 studierte er Jura in Berlin und Genf
  • 1912 erschien der Kurzroman «Rheinsberg – Bilderbuch für Verliebte»
  • 1913 wurde er Kritiker in der Zeitschrift «Die Schaubühne» (später «Die Weltbühne»)
  • 1915 Promotion
  • 1915 Beginn des Militärdienstes im Ersten Weltkrieg, der ihn zum Pazifisten machte
  • 1918 Chefredakteur der Zeitschrift «Ulk» in Berlin
  • 1929 emigrierte er nach Schweden
  • 1931 Veröffentlichung von «Schloss Gripsholm»
  • 1933 wurden seine Bücher von den Nationalsozialisten verbrannt, «Die Weltbühne» wurde verboten und ihm wurde die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt
  • 1935 nahm er sich mit einer Überdosis Schlafmittel das Leben

Bücher von Kurt Tucholsky

Rheinsberg
Kurt TucholskyWerner Klemke

Rheinsberg

Taschenbuch14,00 *
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Briefe von Kurt Tucholsky

Gesamtausgabe

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